Ökologischer Individualismus: Bauträgerhaus vs. Architektenhaus
Es ist eine schlichte Tatsache: Beim Hausbau kollidieren unterschiedliche Interessen mit diversen Realitäten. Und bei dieser Kollision müssen immer wieder Kompromisse eingegangen werden. Der bei vielen an vorderster Stelle stehende liegt in der individuellen Freiheit. Doch wie die sich unter anderem mit ökologischen Bauweisen verträgt, steht auf einem anderen Blatt. Und genau diesem will sich der folgende Artikel etwas näher widmen, indem er Bauträgerhäuser mit Architektenhäusern vergleicht.
Die Skizze für ein neues Haus entsteht. Allerdings: Diese kann sowohl im Katalog eines Bauträgers enden als auch als Vorschlag eines Architekten für einen einzelnen Kunden: Welche Bauform zum Einsatz kommt, hängt unter anderem von der finanziellen Potenz ab
Grundsätzliches
Die in Sachen Bau-Ökologie vielleicht beste Nachricht: Es ist heute nicht möglich, einen nicht energetisch hochwertigen Neubau zu realisieren. Schon die Mindestanforderungen sind streng, denn sie werden staatlicherseits durch die, etwas sperrig als „Verordnung über energiesparenden Wärmeschutz und energiesparende Anlagentechnik bei Gebäuden“ – oder kurz: EnEv vorgegeben und überwacht. Allerdings sind das nur Mindestanforderungen, die jeder Bau erfüllen muss – mehr geht natürlich immer. Und an dieser Stelle muss die Frage stehen, was schwerer wiegt: Die Individualität des Eigenheims oder der Preis oder maximale Ökologie?
Der Energieausweis garantiert, dass das Haus den bei seinem Bau geltenden Gesetzen entspricht. Bloß: Sofern nicht ausdrücklich als „Ökohaus“ o.Ä. gekennzeichnet, bieten viele Bauträgerhäuser hier nur das gesetzliche Mindestmaß
Für Otto Normalverbraucher vielleicht am wichtigsten ist der Preis. Denn: so groß der Wunsch nach perfektem Zuschnitt auf eigene Vorstellungen, so hoch der Stellenwert größtmöglicher Umweltverträglichkeit auch ist, beide Punkte müssen sich dem unterordnen, was ausgegeben werden kann. Daran ändern auch die teilweise sehr unterschiedlichen Finanzierungsmodelle nur wenig – am Ende kann der Bau nur so viel kosten, wie sein Besitzer realistischer Weise monatlich zurückzahlen kann.
Bauträgerhaus
In diesem Sinne bietet das Bauträgerhaus die vielleicht besten Möglichkeiten in Sachen Preisbewusstsein. Das liegt vor allem an folgenden Punkten:
- Ein Bauträger bietet meist alle Arbeiten aus einer Hand an. Deshalb müssen Bauherrn nicht mit einzelnen Firmen um Preise verhandeln. Diese werden zentral festgelegt und sind somit wesentlich besser kalkulierbar. Für „Schlüsselfertig“ oder „Bezugsfertig“ kann also ein Preis festgelegt werden, der sich kaum ändert – das macht das Trägerhaus finanziell sehr sicher.
- Bauträger bieten nur einen Katalog von unterschiedlichen Hausmodellen an. Dadurch, dass diese in Serie gebaut werden, fallen für den Bauherrn die teuren Planungskosten weg. Zudem verläuft diese frühe Phase vor Baubeginn auch sehr viel schneller, weil man einfach nur ein passendes Modell auswählen muss.
Träger stellen ihre Häuser in den Katalogen natürlich besonders malerisch dar – was viele angesichts der aufwendigen Bildern jedoch vergessen: Diese Häuser werde in Serie gebaut und finden sich überall in Deutschland wieder
- Gleichsam existieren Bauträger, die sich bei allen oder einem Teil ihrer Modelle auf maximale Ökologie fixiert haben. Und auch hier greift einmal mehr der große Vorteil der Serienbauweise: Dadurch, dass viele Häuser dieser Art gebaut werden, erübrigen sich teure Einzelplanungen. Der Fokus kann dadurch auf größtmögliche Energieersparnis gelegt werden, ohne dass es sich – anders als in einem frei geplanten Haus – in einem stark gestiegenen Preis niederschlagen würde.
- Nicht zuletzt können gerade solche Öko-Bauträger auf einen sehr großen Erfahrungsschatz zurückblicken: Planer, Handwerker, Zulieferer sind bestens mit den notwendigen Arbeitstechniken und Materialien vertraut – damit sind etwa Nullenergiehäuser sehr viel sicherer realisierbar, als wenn „irgendeine“ Handwerkertruppe mit der Realisierung beauftragt werden würde.
Allerdings: Der vielleicht kritischste Nachteil des Bauträgerhauses liegt eben in der mangelnden Individualisierung, die bei Preis und Ökologie noch viele Vorteile mit sich brachte: Wer aus dem Katalog bauen lässt, muss damit leben, dass „sein“ Haus nicht einzigartig ist und, je nach Einsatzgebiet des Trägers, dutzende oder mehr Male quer durch die Republik zu finden ist.
Das bedeutet: Das Bauträgerhaus füllt im oben gezeigten Dreieck zwar die Punkte „Ökologie“ und „Preis“ gut aus, lässt aber für Individualisten viele Wünsche offen.
Architektenhaus
Umgekehrt ist der Architekt der beste Ansprechpartner für alle Hausbesitzer in spe, denen es um mehr geht als bloß „irgendein“ Haus zu haben:
- Die Beauftragung eines Architekten ermöglicht es, ein Haus frei nach den eigenen Wünschen und Neigungen zu gestalten – so zumindest die Denkweise. In der Realität jedoch spielt am Ende der Bebauungsplan der zuständigen Gemeinde eine geradezu tonnenschwere Rolle, weil er unter Umständen ganze Elemente wie Dachformen oder selbst Fassadenfarben verbieten kann.
- Architekten sind häufig spezialisiert. Das bedeutet zwar etwas Mühe, einen zum gewünschten Haustyp passenden zu finden, kann sich dann aber in äußerster Versiertheit äußern. Natürlich ist es aber auch möglich, an einen Fachmann zu geraten, der sich mit dem gewählten Bautyp schwer tut.
Bei besonders ausgefallenen Design-Wünschen kommen Bauherrn nicht um den Architekten herum – doch auch der kann nur so frei planen, wie es ihm der Bebauungsplan des späteren Standortes erlaubt
- Je mehr sich der Bauherr in die Planung einbringen will, desto länger wird diese Phase: Freilich wird jeder dem Architekten bestimmte Vorgaben machen. Aber wie weit er in diese eigene Interpretationen einfließen lässt, ist von Architekt zu Architekt unterschiedlich und kann viele Sitzungen bedeuten – die natürlich die Kosten hochschnellen lassen und die Planungsphase auf Monate ausdehnen können.
- Gleichsam sind Architekten jedoch meist wirklich am Puls der Zeit, was neue Methoden und Materialien anbelangt. Allein schon, weil die zuständigen Architektenkammern entsprechende Lehrgänge anbieten. Das macht es möglich, ein hochmodernes Haus zu bauen, das in allen Belangen dem Stand der Technik entspricht.
- Nicht zuletzt bedeutet es aber auch: Solange der Architekt nicht mit bestimmten Handwerksbetrieben zusammenarbeitet oder zumindest aus vorherigen Projekten welche empfehlen kann, muss der Bauherr selbst die Beauftragung der Ausführenden übernehmen – und das wiederum kann sich ebenfalls negativ auf die Kosten und auch auf den Zeitplan des Hauses niederschlagen.
Damit setzt das Architektenhaus seine Schwerpunkte deutlich in Sachen Individualismus und Ökologie – letzteres allerdings auch nur, wenn es sich um einen ausgesprochenen Fachmann für diesen Bereich handelt. Teurer wird ein solches Haus in jedem Fall – womit es sich nur dort lohnt, wo der Bebauungsplan entsprechende große Freiheiten auch erlaubt. Und das wiederum bedingt eben auch, dass der Bauherr sich gegebenenfalls von seinem Wunschort verabschieden muss.
Fazit
Ökologisch hochwertige Häuser lassen sich heute sowohl bei Bauträgern als auch Architekten finden. Die Frage ist bloß, was am Ende für den Bauherrn schwerer wiegt: Bei wem die finanzielle Last die größte Herausforderung ist, sollte sich ebenso mit Bauträgerhäusern beschäftigen wie solche Bauherrn, die wenig mit der Planung zu tun haben möchten. Maximale Individualität gibt es jedoch nur beim Architekten – zu einem entsprechenden Preis.
Bildquellen:
1) fotolia.com© peshkova
2) fotolia.com© Engineer
3) fotolia.com© determined
4) fotolia.com© Robert Kneschke