Die Psychologie des Schenkens und die Kunst, Freude zu bereiten
Beim Schenken geht es um persönlichen Geschmack. Jeder Mensch ist anders und das gilt besonders für das, worüber er oder sie sich freuen kann. Was Freude bereitet, hängt von den persönlichen Erfahrungen ab, die im Leben bereits gesammelt wurden. Auch Wünsche und Ziele, die der zu Beschenkende bewusst oder unbewusst hegt, haben einen starken Einfluss darauf, welche guten Gaben Anklang finden. Und nicht zuletzt spielt auch das Selbstbild eine nicht zu vernachlässigende Rolle, wenn es darum geht, mit einem Geschenk echte Begeisterung auszulösen.
Aber warum schenken wir eigentlich so gerne und warum ist es uns so wichtig, dass der Beschenkte sich wirklich freuen kann? Interessante Fakten über die Psychologie des Schenkens und die Kunst, echte Freude zu bereiten.
Schenken hat eine starke soziale Komponente und belohnt beide Seiten gleichermaßen.
Warum schenken Menschen gerne?
Schenken ist ein grundlegendes Bedürfnis des Menschen, und das schon seit jeher. Das ist eigentlich verwunderlich, denn rein ökonomisch betrachtet ergibt es keinen Sinn, etwas abzugeben, ohne eine Gegenleistung dafür zu erhalten. Das Prinzip des Schenkens widerspricht dem seit Jahrtausenden in der menschlichen Gesellschaft etablierten Konzept des Tauschens. Trotzdem kommt keine Zivilisation ohne Geschenke aus, ganz gleich, unter welchen Umständen sie sich entwickelt hat und wie sie lebt. Der Soziologe Prof. Gerhard Schmied nennt das Schenken in seinem gleichnamigen Buch sogar den „Kern des Zusammenlebens und der Beginn von friedlicher Zivilisation“ (aus: Schmied, Gerhard, Schenken – Über eine Form sozialen Handelns, © 1996, Verlag: Springer). Die moderne Gesellschaft, so Schmied, habe sich erst durch den Brauch des Schenkens endgültig aus dem Prinzip des Rechts des Stärkeren lösen können.
Schenken hat also eine starke soziale Komponente, die ökonomisch-rationale Gesichtspunkte zu überwiegen scheint. Trotzdem muss der Schenkende etwas zurückerhalten, sonst hätte sich das Prinzip des Schenkens nicht derart tief in allen sozialen Gruppierungen etablieren können. Der Lohn liegt im Bereich der sozialen Kontakte. Wer etwas schenkt, erhält im Gegenzug Dankbarkeit, Ansehen, Bestätigung, ein Gefühl des verpflichtet Seins auf der Gegenseite, kurz: eine soziale Bindung. Diese wiederum ist für den Menschen seit jeher beinahe noch mehr wert als greifbare Güter. Denn nur in der Gemeinschaft kann der Mensch überleben, sich entfalten, glücklich sein. So selbstlos das Schenken an sich auch sein sollte, es ist trotzdem an eine Gegenleistung geknüpft, auch wenn diese sich nicht unbedingt in materieller Form äußert.
Die Kunst, beim Schenken echte Freude zu bereiten
Wer etwas verschenkt, erhält durchaus eine Gegenleistung – und erwartet sie auch. Menschen schenken nicht aus reiner Selbstlosigkeit gern, sondern weil sie sich bestätigt fühlen, wenn sie ihrem Gegenüber eine Freude machen konnten.
Echte Freude schenken macht Spaß und bringt Bestätigung.
Das wiederum macht den Schenkenden selbst glücklich. So mancher wird, wenn er einmal ganz tief in sich hinein horcht, zugeben müssen, dass ihm Schenken manchmal mehr Freude bereitet, als selbst etwas geschenkt zu bekommen.
Wie aber gelingt es, beim Schenken den richtigen Ton zu treffen und nicht nur Dankbarkeit, sondern auch Freude beim Gegenüber zu wecken? Die Kunst liegt darin, sich möglichst gut in den Anderen hinein zu versetzen und zu erspüren, was er oder sie sich wünscht, so der Soziologe Holger Schwaiger im Gespräch mit der Süddeutschen Zeitung.Das ist gar nicht so einfach, denn es erfordert nicht nur ein hohes Maß an Einfühlungsvermögen, sondern auch die Fähigkeit, eine subjektive Wahrnehmung und Einschätzung gegen eine objektive einzutauschen. Wer wirklich herausfinden möchte, was dem anderen eine Freude macht, muss den eigenen emotionalen und moralischen Filter deaktivieren können.
Besonders schwer ist das häufig zwischen Männern und Frauen. Männer, die das perfekte Geschenk für ihre Partnerin suchen, raufen sich meist ebenso die Haare, wie Frauen, die ihrem Partner eine Freude machen möchten. Nicht selten bleibt am Ende langen Grübelns nur, den zu Beschenkenden selbst oder eine dritte, ihm nahestehende Person zu fragen. Was klischeehaft und überholt klingen mag, ist im Alltag eine häufig mitzuerlebende Tatsache. Es ist nicht von der Hand zu weisen, dass Männer und Frauen in Sachen Geschenke sehr unterschiedlich ticken.
Was sind denn zum Beispiel typische Geschenke für Männer? Von der sprichwörtlichen Krawatte und den Socken haben wir uns zwischenzeitlich zum Glück ein ganzes Stück entfernen können. Die Ideen und Angebote sind deutlich vielseitiger geworden. Sie reichen von außergewöhnlichen Sportevents über kulinarische Erlebnisreisen bis hin zu Survivaltrips oder einem Sprung aus luftiger Höhe. Erlaubt ist, was gefällt. Deshalb haben sich viele Eventagenturen inzwischen auf ausgefallene Geschenkideen spezialisiert. Eine Fahrt mit dem Quad oder im echten Panzer aus dem 2. Weltkrieg gefällig? Mit dem richtigen Veranstalter kein Problem. So manches Geschenk erwächst heute aus einer verrückten Idee, die einfach mal weiter gesponnen wird. Wichtig ist nur, dass der Beschenkte zuletzt nicht doch Angst vor der eigenen Courage bekommt und das originelle Geburtstagsgeschenk auch noch zu würdigen weiß, wenn er, sagen wir einmal, mit schweißnassen Händen am Fallschirm baumelt. Es heißt zwar, Vorfreude sei die größte Freude, einen Schreck fürs Leben möchte aber sicher niemand von uns gerne verschenken.
Höher, schneller weiter? Geschenke werden zu Superlativen
Originalität liegt gerade voll im Trend. Das Internet ist voll von Anbietern wirklich ausgefallener Geschenke zu jeder Gelegenheit. Fast könnte der Eindruck entstehen, dass es gar nicht mehr ausgefallen genug sein kann. Funktionieren Geschenke wirklich nur noch nach dem Prinzip „höher, schneller, weiter“?
Abenteuerliche Geschenke werden immer beliebter.
Es ist nicht von der Hand zu weisen, dass die Lust auf Abenteuer und einen Ausbruch aus dem Alltag immer populärer wird. Es scheint als habe der moderne Alltag trotz aller Schnelllebigkeit, Globalisierung und Technisierung nicht mehr genug Herausforderungen zu bieten. Tatsächlich ist es wohl eher das stetig wachsende Maß an Fremdbestimmung, das im Menschen im Alltag den Wunsch weckt, zumindest hin und wieder einmal so richtig auszubrechen. Etwas Verrücktes tun, Grenzen überschreiben und alle Zwänge abwerfen, das ist es, was sich die Meisten tatsächlich wünschen, wenn sie einen Tandemsprung, Wildwasserrafting oder den Selbsterfahrungstrip durch die Wüste auf ihre Geburtstagswunschliste schreiben. Warum auch nicht? Ein bisschen Abenteuer und Nervenkitzel können ungemein entspannend wirken und einen echten Ausgleich zum festgeschriebenen Alltag schaffen.
Wer das Vergnügen hat, seinen Liebsten einen ausgefallenen Wunsch zu erfüllen, darf das Schenken übrigens besonders genießen. Auf die Vorfreude folgt nämlich meist auch noch ein begeisterter Erlebnisbericht. Davon zehren beide Seiten deutlich länger als von knisterndem Geschenkpapier und einer bunt gemusterten Krawatte.
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